Fondsstandortgesetz in der Praxis

Expertenbeitrag von Arthur Pape, Geschäftsführer und Partner bei Pape & Co.  

Vor einiger Zeit berichteten wir über die Herausforderungen, die entstehen, wenn neue Co-Founder nachträglich in ein Startup aufgenommen werden sollen. Damals stand das Fondsstandortgesetz kurz vor seiner Einführung und versprach eine Lösung für die erheblichen steuerlichen Belastungen, die bei einem späten Eintritt von Gesellschaftern drohen. Wir ziehen Bilanz: Wie hat sich das Gesetz in der Praxis bewährt, welche Auswirkungen hat es auf Gründerteams und was können wir von der geplanten Anpassung der Regelung im Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) erwarten?

Das Problem des späten Beitritts

Der späte Beitritt in ein Startup ist ein ernstes Problem im deutschen Steuerrecht. Sobald ein Unternehmen an Wert gewonnen hat – zum Beispiel nach einer erfolgreichen Seed-Runde – wird die verbilligte Gewährung von Anteilen an neue Gesellschafter als lohnsteuerpflichtiger Vorteil behandelt. Für die neuen Co-Founder bedeutete dies eine potenziell existenzgefährdende Steuerlast von bis zu 45 % des Wertes der Anteile im Zeitpunkt des Erhalts der Anteile.

Diese Steuerpflicht tritt in einer Phase ein, in der die finanzielle Situation eines Startups oft noch prekär ist und auch die Gründer typischerweise nicht über nennenswerte finanzielle Mittel verfügen. Die hohe Steuerlast kann die finanzielle Stabilität des gesamten Startups gefährden und es gibt Fälle, bei denen die Investoren die Gründer aus dieser Steuerfalle „retten“ mussten.

Bis dato gab es zwar kreative Strategien diese steuerlichen Fallstricke zu umgehen. Diese sind jedoch oft komplex und kosten Zeit und Geld

Das Fondsstandortgesetz: Ein erster Schritt in die richtige Richtung

Mit dem Fondsstandortgesetz vom 1. Juli 2021 hat der Gesetzgeber reagiert. Die Regelung ermöglicht es, die Besteuerung von Startup-Beteiligungen aufzuschieben, wodurch die finanzielle Belastung für neu hinzukommende Gesellschafter im Zeitpunkt des Beitritts entfällt. Die Besteuerung wird erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig, etwa beim Verkauf der Anteile oder nach Ablauf von 12 Jahren.

Erste Erfahrungen und Herausforderungen

In der Praxis zeigt sich, dass das Fondsstandortgesetz nicht die erhoffte Wirkung erzielt hat. Insbesondere erfahrene Berater im Startup-Umfeld raten häufig davon ab, die Neuregelung zu nutzen. Ein wesentlicher Grund für diese Zurückhaltung ist, dass das Problem des sogenannten „dry income“ zwar abgemildert, aber nicht vollständig gelöst wurde. Unter „dry income“ versteht man eine Steuerpflicht, die entsteht, obwohl keine entsprechende Liquidität vorhanden ist. Das Gesetz verhindert zwar eine sofortige Besteuerung beim Beitritt, doch nach einer Wartezeit von 12 Jahren oder beim Ausscheiden als Mitarbeiter tritt die Steuerpflicht dennoch ein – selbst wenn bis dahin keine finanziellen Mittel aus der Beteiligung geflossen sind. Diese potenzielle Steuerbelastung ohne tatsächlichen Geldfluss stellt ein erhebliches Risiko dar.

Aus diesem Grund wird eine vorsichtige Beratung darauf aufmerksam machen und alternative Wege zur Vermeidung von „dry income“ suchen, die ohne die Nutzung des § 19a EStG auskommen. Gleichzeitig darf jedoch ein weiterer Vorteil der Regelung nicht unerwähnt bleiben: Das Gesetz sieht vor, dass nach 12 Jahren nur der Wert der Anteile zum Zeitpunkt des Beitritts besteuert wird. Sollte der Wert der Anteile seitdem gesunken sein, wird sogar nur der gesunkene Wert besteuert. Dies relativiert die Problematik des „dry income“ etwas. Es könnte argumentiert werden, dass ein Unternehmen nach 12 Jahren ohne Exit möglicherweise nicht mehr so viel wert ist und daher das Risiko einer hohen Steuerbelastung geringer wird. Allerdings ist diese Sichtweise in der dynamischen Startup-Szene oft zu kurz gegriffen, da der Wert eines Startups auch nach längerer Zeit noch erheblich steigen kann.

Geplante Anpassungen: Das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG)

Offenbar hat auch der Gesetzgeber bemerkt, dass die erhoffte Begeisterung für den § 19a EStG ausgeblieben ist und bessert nun nach. Das sog. Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) sieht Anpassungen des § 19a EStG vor, die einige der bisherigen Schwachstellen ansprechen. So regelt das ZuFinG etwa die Erweiterung des Anwendungsbereichs, flexiblere Anteilsübertragungen, flexiblere Regelungen zur Nachversteuerung und eine Ausweitung des Zeitraums bis zur Besteuerung auf 15 Jahre.

Leider bleibt aber das zentrale Problem des „dry income“ weiter ungelöst. Selbst mit den geplanten Änderungen besteht weiterhin die Gefahr, dass Co-Gründer in eine Situation geraten, in der sie steuerliche Verpflichtungen erfüllen müssen, ohne über die erforderliche Liquidität zu verfügen.

Fazit: Unzureichende Lösung mit weiterhin bestehenden Risiken

Der durch das Fondsstandortgesetz eingeführte § 19a EStG und die geplanten Änderungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz sind grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings wird das Problem des „dry income“ damit nicht vollständig gelöst. Dies führt dazu, dass vorsichtige Steuerpflichtige zögern, die Regelung zu nutzen, oder sich gezwungen sehen, zusätzliche vertragliche Vorkehrungen zu treffen, um steuerliche Risiken zu minimieren. Diese Notwendigkeit für komplexe Gestaltungen widerspricht dem Ziel einer vereinfachten Regelung und sorgt dafür, dass weiterhin aufwendige und komplizierte Strategien zur Anwendung kommen.

Wünschenswert wäre eine gesetzliche Regelung, die das Problem des „dry income“ vollständig vermeidet. Eine Möglichkeit wäre, nur das zu besteuern, was dem Co-Gründer später tatsächlich aus den Anteilen zufließt, oder ihm zu erlauben, seine Steuern erst bei tatsächlichem Zufluss zu zahlen.

Bis eine solche Nachbesserung erfolgt, greifen wir auf die bewährten Strategien zur Vermeidung von „dry income“ zurück und nutzen § 19a EStG als zusätzliche Absicherung.

Pape & Co.

Als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind Pape & Co. vielfältig in der Startup-Szene engagiert und verstehen sich als qualitativ hochwertigen Sparringspartner für die Entwicklung vom „Bootstrapper“ über das Investoren-finanzierte Startup bis hin zum dynamischen Wachstumsunternehmen mit oder ohne Exit.  

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