Von der Uni weg erfolgreich – der Weg des Münchner Unternehmens air up

Oft ist der Weg für Gründer und Gründerinnen steinig. Trotzdem gibt es diese Erfolgs-Stories: von der Uni zur Gründung zum internationalen Erfolg. Das Vorzeige-Startup air up ist eine solche Erfolgsstory, bei der von der Idee bis zu Finanzierung alles passt. Wir haben die air up-Gründerin Lena Jüngst und Yvonne Steinbrecher, ihre Beraterin bei der Stadtsparkasse München getroffen.

Lena, von Konfuzius soll der Satz stammen „ein Weg entsteht, wenn man ihn geht“. Du bist diesen Weg bisher sehr erfolgreich gegangen. Standen dir Hürden im Weg, von denen viele Startups berichten?

LJ: Aber klar, auf jeden Fall! Wir hatten die gleichen Probleme: von vielen erfolglosen Gesprächen für die Platzierung unseres Produkts bis hin zur Finanzierung. Da sind wir keine Ausnahme dar.

Was war in deiner Erinnerung die größte Hürde?

LJ: Die erste und vielleicht auch entscheidende Hürde war die Entscheidung, überhaupt zu gründen. Ursprünglich war das nämlich gar nicht unser Plan. Tim (Jäger, Mitgründer, Anm. d. Red.) und ich kommen aus dem Produktdesign und hatten während unseres Studiums die Idee für air up. Damit war aber keine Ambition verbunden, ein Unternehmen zu gründen. Das ist ja für Produktdesigner auch eher untypisch. Wir haben uns in unserem Netzwerk umgehört, weil wir unsere Idee anbieten wollten. Ein alter Freund meinte dann, „Mensch, das müsst Ihr selbst machen“. Wir hatten aber keine Ahnung, wie. Er hat uns an die TUM „vermittelt“, damit wir dort unsere Idee vorstellen.

Patricia Weiß (Finance Managerin air up), Yvonne Streinbrecher (Unternehmenskundenbetreuerin Stadtsparkasse München) und Lena Jüngst (Co-Gründerin air up).

(c) air up

 

YS: Im Nachhinein war das vielleicht sogar ein entscheidender Aspekt: Ihr seid ja von Anfang an sehr gut beraten gewesen.

LJ: Das ist richtig. Damit haben wir viele Fehler vermeiden können, aus denen andere auf die harte Tour lernen müssen. Und trotzdem war es längst kein Selbstläufer. Es gab zum Beispiel damals schon einen ausgeprägten Gesundheitstrend und wir dachten, dass wir das Produkt haben, das perfekt zu diesem Trend passt – und dann läuft´s.   

War aber nicht so?

LJ: Nein. Am Ende zwar schon, ich erinnere mich aber noch genau an die vielen erfolglosen Gespräche, die wir geführt haben, um unsere Prototypen vorzustellen.

Habt ihr da auch mal daran gedacht, hinzuschmeißen?

LJ: Aber ja – und mehr als einmal. Im Nachhinein sieht man ja immer nur, was geklappt hat. Diese Phase, von der wir gerade sprechen, war äußerst mühsam. Auch wenn das Produkt noch nicht auf dem Markt war, hatten wir ja schon einige Partner mit an Bord, die an unsere Idee geglaubt haben. Und auch an uns. Die haben uns also einen Vertrauensvorschuss gegeben - die wollten wir auf keinen Fall enttäuschen.

YS: Und das habt ihr ja auch nie.

LJ: Nein, haben wir nicht. Aber selbst diese uns wohlgesonnenen Partner mussten wir immer wieder neu überzeugen. Und das ist auch wirklich ganz zentral: Die Partner, die mit an Bord sind, müssen an die Idee glauben. Das gilt umso mehr, wenn es, wie in unserem Fall, eine Innovation ist, auf der die ganze Idee beruht - also etwas, das es so bisher nicht gab.

Generell haben wir in so ziemlich jeder Phase unserer bisherigen Entwicklung davon profitiert, dass in unserem unmittelbaren Netzwerk ganz unterschiedliche Perspektiven und Talente vorhanden waren. Die haben nicht nur mentale und seelische Unterstützung geleistet, sondern haben auch Lösungsansätze gesehen, die wir sonst nicht gesehen hätten. Vermutlich haben wir auch nicht weniger Fehler gemacht als andere, aber wir haben aus unserem Netzwerk immer ziemlich schnell eine Idee gehabt, wie wir damit umgehen und es besser machen können. Eben dank unserer Partner.

Stichwort Partner: Dazu gehört natürlich die Finanzierung, über die wir gleich noch sprechen, dazu gehören aber auch die richtigen Partner im Team. Also die Leute, mit denen man sich aufmacht, ein Unternehmen zu gründen. Wie hat sich für euch als Gründerteam eure Rolle über die Jahre verändert.

LJ: Die hat sich ganz stark verändert und sie verändert sich stetig weiter. Auch wir selbst müssen uns das immer wieder vor Augen halten: Gegründet haben wir 2018, da waren wir alle gerade aus der Uni raus. 2019 waren wir schon 30 Leute, ein Jahr später 70, dann 120 – und so weiter. Da muss man dann erst einmal seine Rolle finden und in sie hineinwachsen. Allein was die Führung von Teams und Mitarbeitenden angeht. Oder die Produktion im Ausland, etc. Das sind alles Dinge, an die man definitiv noch nicht denkt, wenn man kurz nach der Uni den Entschluss fasst, mit einer Idee, die man toll findet, zu gründen.

Frau Steinbrecher, Sie sehen ja viele Startups und junge Unternehmen. Nicht alle legen vermutlich so ein Wachstum hin. Was hat das Team von air up anders und vor allem richtig gemacht. 

YS: Das ist wirklich nicht alltäglich und tatsächlich sind es wenige Gründungen, die so schnell derartig durchstarten. Das Offensichtlichste zuerst: es war einfach eine tolle Idee und ein innovatives Produkt. Manche Geschäftsideen und -modelle beruhen ja darauf, Bestehendes besser, günstiger oder effizienter zu machen. Hier hatten wir ein wirklich neues Produkt, das es so auf dem Markt nicht gab. Das hatte also einen gewissen „Wow“-Effekt.

Und dann kommt hinzu, dass Lena und ihre Kollegen äußerst überlegt und systematisch vorgegangen sind und praktisch nichts dem Zufall überlassen habe.

Wie hat sich das zum Beispiel geäußert?

YS: Sie waren einfach von Anfang an unheimlich professionell aufgestellt. So haben sie sich sehr früh einen ganz erfahrenen kaufmännischen Leiter gesucht. Ich bin fest davon überzeugt, dass ihnen das ganz viele Probleme erspart hat. Sie waren so ziemlich die ersten, die schon in einer sehr frühen Unternehmensphase ein professionelles Reporting hatten - und auch damit gearbeitet haben. Da gibt es Unternehmen, die schon viel länger auf dem Markt sind, und sich damit immer noch sehr schwertun.

Kommen wir zum Thema Finanzierung… 

YS: Ich habe vorhin das tolle Produkt erwähnt und die sehr professionelle Aufstellung. Beides hat dazu beigetragen, dass air up andere relativ schnell überzeugen konnte. Das war auch in der ersten Investorenrunde so. Da habt ihr ja schon richtig viel Geld eingesammelt.

LJ: Im Nachhinein haben wir da ja den absoluten Jackpot gezogen…

YS: Das kann man so sagen. Damit war ein guter Grundstein gelegt und ihr hattet ausreichend liquide Mittel. Und - auch das gehört dazu - ihr wart wirklich in kürzester Zeit profitabel. Da spielt wiederum das rein, was ich vorhin erwähnt habe: also ein professionelles Reporting, mit dessen Kennzahlen man dann auch arbeitet. Das war schon sehr außergewöhnlich.

Lena, war diese erste Investorenrunde der Knackpunkt für dich?

LJ: Würde ich schon sagen. Die erste Finanzierungsrunde ist wahrscheinlich das Schwierigste für Startups. Und die ist für uns sehr positiv gelaufen.

Frau Steinbrecher, Sie haben die Profitabilität angesprochen. Das war ja nicht immer die starke Seite von Startups. Nehmen Sie da eine Veränderung wahr?

YS: Ich habe tatsächlich den Eindruck, dass heute schon in einer früheren Phase Wert auf Profitabilität gelegt wird als noch vor ein paar Jahren – nicht nur intrinsisch motiviert von den Startups, sondern vor allem auch von Seiten der Investoren. Während sich vor vier, fünf Jahren die Zinsen um die Nulllinie bewegten, haben Investoren heute wieder mehr Optionen, am Kapitalmarkt Geld zu verdienen. Das hat unserer Wahrnehmung nach Auswirkungen auf die Erwartungen der Investoren und damit auf die gesamte Startup-Kultur. Sie hat sich gewandelt.

Wenn wir schon beim Wandel sind: Lena, welche Veränderungen nimmst du bei den Startups wahr?

LJ: Pauschal kann ich das gar nicht sagen, dafür sind die Branchen zu unterschiedlich. In unserem Umfeld sehen und hören wir aber zum Beispiel, dass der stationäre Handel wieder wichtiger geworden ist. Die Zeiten des reinen Onlinehandels scheinen vorbei zu sein und es ist entscheidend, in den Regalen des Einzelhandels auffindbar zu sein. Das Konsumverhalten nähert sich wieder ein wenig an die Zeit vor Covid an.

Wie reagierst du darauf?

LJ: Wir haben bereits reagiert und mit vielen Einzelhandelsunternehmen entsprechende Vereinbarungen geschlossen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in unseren anderen Märkten.

Stichwort andere Märkte: Inwieweit ist Internationalisierung für euch ein Thema?

LJ: Wir sind mittlerweile in 14 Märkten aktiv, insofern ist es ein ganz großes Thema für uns, aus dem sich auch immer neue Themen und Prioritäten ergeben – wie zum Beispiel der erwähnte Wechsel in den Einzelhandel. Mit der Internationalisierung hat sich auch der Investorenkreis verändert und es sind sehr große Investoren dazu gekommen, beispielsweise Pepsi. Spätestens das fühlt sich dann nicht mehr wie Startup an, sondern sehr wie ein „erwachsenes“ Unternehmen. Der Umzug der Produktion von China nach Europa war auch so eine Entscheidung, die wir im Kontext einer internationalen Strategie getroffen haben.   

Vorhin haben wir gehört, was air up aus Bankensicht alles richtig gemacht hat. Fragen wir mal umgekehrt: Was macht die Zusammenarbeit mit Frau Steinbrecher und der Stadtsparkasse München für air up wertvoll?

LJ: Das Kompliment mit der professionellen Aufstellung gebe ich gerne auch so zurück: Wir empfinden die Stadtsparkasse als sehr professionell aufgestellt. Dazu kommt die menschliche Komponente. Wir haben gerade mit Yvonne eine Ansprechpartnerin, die sich für uns interessiert und auch engagiert und uns versteht. Und wir spüren auch den Vorteil einer regionalen Bank, in der Entscheidungen vor Ort getroffen werden.

In einem Satz formuliert: Ich arbeite gerne mit air up zusammen, weil…

YS: ... die Ansprechpartner unglaublich nett und sympathisch sind und weil alles einfach wie am Schnürchen funktioniert.

Wieder in einem Satz formuliert: Ich arbeite gerne mit der Stadtsparkasse München, weil…

LJ: … es uns ein gutes Gefühl gibt, einen zuverlässigen Partner an unserer Seite zu haben, und weil es ein sehr angenehmer menschlicher Kontakt ist. Yvonne hat immer ein offenes Ohr für uns und wir können auch einfach mal vorbeiradeln. Das finde ich schön.

Letzte Frage: Was habet ihr unterschätzt und welchen Tipp würdet ihr einem Startup geben?

Ich glaube, ich habe wirklich unterschätzt, wie anstrengend es wird. Und es hört nie auf. Mit Tipps halte ich mich ein wenig zurück, weil andere Branchen auch andere Anforderungen haben. Daher kann ich nur sagen, was ich für mich und uns mitgenommen habe: Man muss bereit sein zu scheitern. Nur dann traut man sich auch, immer weiter auszuprobieren. Und man muss permanent am Ball bleiben. Der Erfolg heute ist keine Garantie für den Erfolg morgen.

Von |