Invitris belegte in Phase 2 des Münchener Businessplan Wettbewerb 2021 den ersten Platz: Das Startup überzeugte die Jury mit seinem innovativen Therapieansatz für antibiotikaresistente Infektionen. Im Interview erzählt Patrick Großmann, Business Lead von Invitris, mehr über ihre Technologie und die nächsten Meilensteine.
Welcher Herausforderung stellt ihr euch mit eurer Technologie?
Wir haben uns einem der größten Probleme der kommenden Jahrzehnte in der Medizin verschrieben: antibiotikaresistente Infektionen. Forscher gehen davon aus, dass resistente Infektionen in den kommenden Jahrzehnten jährlich mehr Todeszahlen als alle Krebsarten zusammen fordern werden. Wir entwickeln neue Therapien, die dem entgegenwirken. Für unseren Ansatz benutzen wir natürliche Viruspartikel, die man (Bakterio-)Phagen nennt. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie natürlicherweise Bakterien abtöten und dabei sehr selektiv vorgehen, was die Therapie sicherer als andere gestaltet.
Wie begegnet die Medizin der Herausforderung bisher und was macht ihr anders?
Unser Alleinstellungsmerkmal ist die Herstellung. Bisher werden Phagen immer noch wie vor hundert Jahren hergestellt, nämlich indem man sie in den Zielbakterien (in vivo) vermehrt. Das erfordert langwierige Prozessentwicklung, die man für jedes neues Zielbakterium wiederholen muss. Uns ist es gelungen, prinzipiell alle Typen an Phagen mit einem einzigen System synthetisch (in vitro) herzustellen. Unsere Technologie ermöglicht uns eine extreme Skalierung in Bezug auf Herstellung und Modifizierung von Phagen gegen unterschiedliche Bakterien, ebenso in Bezug auf die Konzentration und die Reinheit des klinischen Produkts. Damit werden personalisierte Anwendungen, die die Effektivität am Patienten maximiert und gleichzeitig neue Resistenzbildung minimiert, wirtschaftlich möglich. Grundsätzlich können unsere Phagenlösungen in allen gängigen Darreichungsformen, insbesondere aber in Flüssigkeiten, Aerosolen und Salben verabreicht werden.

Wie finanziert ihr euch?
Wir haben kürzlich den EXIST-Forschungstransfer akquirieren können, der uns ermöglicht, unsere Technologie zu einer modularen Plattform weiterzuentwickeln. Mit dieser Plattform werden wir innerhalb der Transferzeit Wirkstoffkandidaten generieren können. Wir befinden uns damit im klinischen Entwicklungskontext in der sogenannten pre-discovery phase. Unser Ziel ist es, die pre-discovery phase so stark abschließen zu können, um mit Eigenkapital in die discovery phase einzusteigen. Eineinhalb Jahre reicht uns die Förderung noch, also werden wir voraussichtlich Ende des Jahres bzw. Anfang nächsten Jahres eine Fundraising-Runde starten. Für eine Seed-Finanzierung kann man vielleicht jetzt schon sagen, dass wir wahrscheinlich 4 bis 5 Mio. Euro benötigen werden, um die nächste Phase (preclinical) zu erreichen. Diese Phase ist die entscheidende, da hier die regulatorischen Behörden auf der Basis von Tiermodellen entscheiden werden, ob das Produkt sicher genug ist, um an humanen Patienten validiert werden zu dürfen.
Was habt ihr aus der erfolgreichen Teilnahme am Münchener Businessplan Wettbewerb für euch mitgenommen?
Der Münchener Businessplan Wettbewerb ist für uns ein wertvolles Instrument, um unseren Geschäftsplan zu validieren. Der frühe Input ist für uns extrem wichtig, da wir jetzt vor dem Fundraising noch die Flexibilität haben, die richtigen Datenpakete anzufertigen, die potenzielle Investoren von uns sehen wollen. Das ist besonders in der Arzneimittelherstellung wichtig, da man sich aufgrund der höheren Kostenaufwendungen nur wenige Iterationen leisten kann. Unsere Erfahrung mit den Gutachten beim MBPW waren großartig und haben uns jetzt schon genaue Vorstellungen darüber gegeben, was Investoren von uns erwarten. Mit einigen sind wir gerade durch unsere sehr gute Platzierung auch bereits in engerem Kontakt – die Visibilität, die der MBPW ermöglicht, ist nicht zu unterschätzen!
Wie geht es nach dem Wettbewerb bei euch weiter? Was sind die nächsten Meilensteine?
Erst einmal wollen wir natürlich auch bei Phase 3 überzeugen. Danach werden wir bis Ende des Jahres die für die Skalierung notwendigen Optimierungen unserer Plattformtechnologie abschließen und unsere Phagen-Kollektionen ausweiten. Eine besondere Bedeutung kommt dabei genetische Optimierungen zu, die mit unserem System leichter zu entwickeln sind, als mit herkömmlichen Methoden. Zuletzt ist unser Ziel, bis Mitte 2022 unsere Seed-Financing-Round unter Dach und Fach zu bringen.