Krebszellen können mit Hilfe der multi-funktionellen Antikörper von Opsyon effizienter und schonender für Patienten bekämpft werden. Mit seiner Lösung gewann das Team im Sommer 2021 den ersten Platz im Münchener Businessplan Wettbewerb. Über ihre Arbeit und die nächsten Schritte spricht Nadja Fenn im Interview.
Welchem Problem stellt ihr euch genau und wer steht hinter Opsyon?
Wir sind ein Team aus sechs Wissenschaftlern, Professoren und Ärzten und mit Opsyon eine Ausgründung aus dem Genzentrum der LMU München. Unser Ziel ist es, Krebstherapien effizienter zu machen und gleichzeitig deren Nebenwirkungen zu reduzieren. Trotz intensiver Forschung und erfolgreichen Durchbrüchen in der Entwicklung von neuen Krebsmedikamenten ist Krebs immer noch die zweithäufigste Todesursache weltweit. Das liegt unter anderem daran, dass sich Krebszellen tarnen oder maskieren und so vom körpereigenen Immunsystem toleriert bzw. nicht mehr erkannt werden. Auf diese Weise können sie sich, ähnlich wie ein Trojaner auf einem Computer, ungehindert weiter ausbreiten.
Wie reagiert ihr darauf mit eurer Lösung?
Unser Fokus liegt auf den sogenannten Immuncheckpoints, die als wichtige Kontrollpunkte auf Immunzellen z. B. verhindern, dass diese körpereigene Zellen angreifen. Das Problem: Krebszellen signalisieren an dieser Stelle, wie körpereigene Zellen, sie seien keine Gefahr – die Immunabwehr bleibt aus. Darauf reagieren wir mit unseren multi-funktionellen Antikörpern, die sehr spezifisch Krebszellen erkennen, demaskieren und so für die Immunzellen wieder sichtbar machen: Das Immunsystem wird stimuliert und reaktiviert. Neben der Identifizierung und Demaskierung von Krebszellen aktivieren unsere Antikörper zudem das komplette Repertoire an Immunzellen, was eine starke, krebszell-spezifische Immunantwort hervorruft, gesunde Zellen aber verschont. Damit können wir Nebenwirkungen reduzieren.
Wo kommen eure Antikörper konkret zum Einsatz?
Speziell bei der akuten myeloischen Leukämie (AML), einer sehr aggressiven Form des Blutkrebses. Gerade bei Krebserkrankungen mit hohen Rückfallraten und limitierten kurativen Therapiemöglichkeiten sind innovative, wirksame Ansätze mit reduzierten Nebenwirkungen eine wichtige Säule, um Patienten die Möglichkeit auf ein langes, krebsfreies Leben zu ermöglichen. Daneben entwickeln wir einen zweiten Antikörper gegen solide Tumore, wie z. B. das Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs).
Dieses Jahr habt ihr in Phase 1 des Münchener Businessplan Wettbewerbs die Top 10 und in Phase 3 sogar den Finalsieg erreicht. Wie haben die Anforderungen aus dem Wettbewerb mit eurer damaligen Situation zusammengespielt?
Der Wettbewerb hat uns herausgefordert, unser Geschäftsmodell zu validieren und unseren Finanzplan zu konkretisieren. Das sind zwei fundamentale Aspekte, die man in der Wissenschaft gerne übersieht. Die Teilnahme hat uns im Vorfeld zu Diskussionen mit den unterschiedlichsten Experten, Investoren und Repräsentanten aus der pharmazeutischen Industrie geführt, was für die Validierung unseres Businessplans sehr hilfreich war. Die Gutachten durch die Wettbewerbsjuroren ermöglichen Zugang zu weiteren Expertenmeinungen und sind eine große Bereicherung für die Netzwerkerweiterung.
Welche Key Learnings konntet ihr aus dem Feedback mitnehmen?
Durch die Jurybewertung bekommt man einen sehr guten Eindruck davon, welche Punkte noch detaillierter adressiert werden müssen und ob relevante Themen aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden sollten. Für uns war es sehr wichtig zu erfahren, dass die von uns identifizierten „Gaps“ durchaus positiv eingestuft wurden. Dadurch wurden wir weiter bestätigt und konnten auch aus vermeintlich negativen Aspekten etwas Positives ziehen.
Wie geht es jetzt bei euch weiter?
Seit 2019 arbeiten wir dank der Förderung durch den EXIST-Forschungstransfer I gezielt an der Ausgründung und daran, die multi-funktionellen Antikörper als Medikament für den Menschen weiterzuentwickeln. Dafür bereiten wir aktuell alles zur klinischen Erprobung unseres ersten Kandidaten in der AML vor und streben die ersten klinischen Studien im Jahr 2023/24 an. Damit wir diesen Schritt gehen können, sind wir auf Finanzierung durch Venture-Capital-Firmen oder große pharmazeutische Unternehmen angewiesen. Unser Geschäftsmodell sieht vor, das Spin-off nach dem klinischen Proof of Concept an die pharmazeutische Industrie zu verkaufen oder die Projekte zu verpartnern.
Teaser-Foto: BayStartUP/Andreas Gebert