Dr. Frank Strathmann hat vor fast 30 Jahren die Kontaktstelle für Forschungs- und Technologietransfer (KFT) der LMU aufgebaut. Mit ihm sprachen wir über eine spannende und nicht immer einfache Entwicklung der wissenschaftlichen Innovationslandschaft und die Anfangsjahre des Münchener Businessplan Wettbewerbs.
Herr Strathmann, wie muss man sich die Gründerszene vor 25 Jahren in München vorstellen?
Das Mindset damals war ganz anders, als es heute ist. Eine Gründerszene im klassischen Sinn gab es zum damaligen Zeitpunkt eigentlich noch gar nicht. Die Lehre im Bereich Entrepreneurship stand noch ganz am Anfang, dementsprechend waren Startups auch noch kein besonders großes Thema. Geld durch wissenschaftliche Ausgründungen zu verdienen oder der Transfer von Wissen in die Wirtschaft waren noch nicht sehr präsent, insbesondere in den Geisteswissenschaften. Dafür war die Zeit einfach noch nicht reif.
Welche Rolle haben Sie damals in der gerade entstehenden Münchener Gründerszene eingenommen?
Ich war im Rahmen der Kontaktstelle für Forschungs- und Technologietransfer, die ich an der Ludwig-Maximilians-Universität mit aufgebaut habe, unter anderem für Gründungsfragen zuständig. Einer der zwölf Punkte des Programms der Kontaktstelle war die Existenzgründung. Von Seiten der LMU war ich Vertreter im Organisationsteam für den Münchener Businessplan Wettbewerb.
Wie sind Sie auf den Münchener Businessplan Wettbewerb aufmerksam geworden?
Da erinnere ich mich noch gut. Im Sommer 1996 hatte ich den ersten Kontakt zur Unternehmensberatung McKinsey, die den Wettbewerb im ersten Jahr betreute. Zwei junge Berater sind damals an die LMU gekommen, um mich zu interviewen. Was in den USA bereits üblich war, versuchten sie auch in München zu verwirklichen. Ein Wechselspiel der Perspektiven zwischen Hochschulen und Wirtschaft war das Ziel. Zusammen mit verschiedenen Wirtschaftsvertretern wurden die Hochschulen dann nach einer ersten Planungsphase in das damalige McKinsey-Büro in der Ottostraße eingeladen. Bei diesem Treffen fielen auch erstmals Begriffe wie ‚Businessplan‘ und ‚Think Big‘ – für viele Anwesende etwas ganz Neues.

Wie ging es dann weiter?
Tatsächlich hat der Input und die ‘McKinsey-Power’ dem Businessplan Wettbewerb sehr geholfen. Die Berater haben eine Struktur reingebracht und dabei unterstützt, große Sponsoren anzuwerben. Der Austausch war eine gute Mischung aus ihrem Wissen und den Ideen der Hochschulen. Auf diese Art und Weise entstand der Münchener Businessplan Wettbewerb sozusagen als der erste europäische Businessplan Wettbewerb. Ergänzend dazu wurde das Konzept auch an anderen Orten salonfähig gemacht, wie beispielsweise in Berlin und in Köln. In den Anfangsjahren des Wettbewerbs hat sich gezeigt, dass aus dem Münchener Wettbewerb wesentlich hochwertigere Unternehmensgründungen als z.B. aus dem Berliner Wettbewerb heraus entstanden. Das heute börsengelistete Unternehmen Wilex als Teilnehmer aus dem Anfangsjahr ist da ein sehr gutes Beispiel.
Welche Erwartungshaltung gab es auf Seiten der Hochschulen?
Der Münchener Businessplan Wettbewerb war zunächst ein Fremdelement, das bei damaligen Dozenten und Mitarbeitern der Universitäten nur bedingt Begeisterungsstürme auslöste. Aber das Thema Entrepreneurship und Gründungen kam mit den Jahren immer stärker an den Universitäten an, da fand eine Art Paradigmenwechsel statt. Vor allem auch an der LMU.
Wie kam es zu diesem Paradigmenwechsel?
Der Münchener Businessplan Wettbewerb hat die Szene in gewisser Weise aufgerollt. Eine große Veränderung war auf jeden Fall, dass die Hochschulen durch den Wettbewerb untereinander viel besser miteinander vernetzt wurden. Im Lauf der Zeit wurde nicht nur der Wettbewerb, sondern auch die Szene immer professioneller und die einzelnen Institutionen vernetzten sich immer mehr miteinander. Dabei war gerade auch in den Folgejahren die Einbindung des bayerischen Wirtschaftsministeriums besonders wichtig, da es an den einzelnen Hochschulen noch keine Gründerzentren gab.
Es wurden Stellen für seine Betreuung an den Hochschulen geschaffen, das Thema fand bei Dozenten und in der Studierendenschaft mit den Jahren immer mehr Anklang. Es gab damals eine ganze Reihe an Initiativen im Freistaat und bundesweit, die das Thema Gründung voranbringen sollten. Es wurden verschiedenste Programme, wie z.B. FLÜGGE oder EXIST, gestartet. Sie sollten Gründerinnen und Gründern helfen, schneller Fuß zu fassen und zu wachsen. Ich selbst habe dann auch bei der Initiierung von HOCHSPRUNG und der Gründung von GründerRegio M mitgewirkt, einer Initiative der Wissenschafts- und Wirtschaftsregion München zur Förderung von hochschulnahen Unternehmensgründungen.
Sie haben die Hochschulgründerszene in München rund 30 Jahre lang begleitet. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich persönlich wünsche mir eine stärkere gesellschaftliche Verankerung von Entrepreneurship. Wir sollten beim Thema Gründen noch mehr auf soziale Aspekte eingehen. Der Gründungsgedanke ist in meinen Augen einer, der Menschen schon viel früher zugänglich gemacht werden sollte – in Irland beispielsweise lernen Kinder schon in der Schule auf spielerische Art und Weise wirtschaftliche und soziale Basics. Warum nicht auch hier? Das Wissen der Hochschulen – gerade auch aus den Humanwissenschaften – kann hier noch stärker genutzt werden, um die Themen Gründung und gesellschaftliche Verantwortung enger miteinander zu verknüpfen.
Fotos: LMU