Stammhaus Rödl & Partner, Nürnberg

Unsichere Unternehmensbewertung in Krisenzeiten

Worauf Gründer bei der Bewertung ihres Unternehmens in Krisenzeiten und darüber hinaus achten sollten. Ein Gastbeitrag von Daniel Meyer, Rödl & Partner. 

Das Thema Unternehmensbewertung ist bei einer Finanzierungsrunde für Startups zentral. Wichtig ist dabei, dass Gründerinnern und Gründer Vertragsklauseln nicht nur in Bezug auf ihre aktuelle Unternehmensbewertung analysieren, sondern auch im Blick haben wie diese zukünftige Runden beeinflussen. 

Die Bedeutung der "Down Round"

Bei vielen Startup-Unternehmen sind in Krisenzeiten wegen Unsicherheiten am Markt die Unternehmensbewertungen vergangener Finanzierungsrunden nach unten zu korrigieren. In der Folge sinkt der Einstiegspreis für einen neuen Investor, was Konsequenzen für den Anteilswert der Altgesellschafter hat.

Für den Fall einer solchen „Down Round“ wird üblicherweise in Beteiligungsverträgen ein sog. Verwässerungsschutz für den Investor vereinbart, welcher diesen vor einer Wertverwässerung seiner Gesellschaftsanteile schützt. Im Rahmen der neuen Finanzierungsrunde erfolgt ein Ausgleich durch eine Anteilsverschiebung zugunsten des früheren Investors, indem dieser meist Anteile zum Nennwert erhält. Bei den Gründern führt das zu einer Verringerung ihrer Beteiligung. Hinsichtlich der Vertragsgestaltung gibt es zahlreiche Möglichkeiten, welche sehr unterschiedliche Auswirkungen nach sich ziehen.

Die für die Gründer schlechteste Option stellt die „Full Ratchet“-Methode dar, bei der die Gründer die volle Wertminderung tragen und der frühere Investor so gestellt wird, als hätte er sich zur niedrigeren Bewertung der Folgefinanzierung beteiligt. Von dieser investorenfreundlichen Regelung war in den vergangenen gründerfreundlichen Jahren eine Abkehr zu verzeichnen. In Krisenzeiten könnte sich diese wieder vermehrt durchsetzen. Bei „Average“- oder „Weighted Average“-Klauseln hingegen sind Investoren nur teilweise vor Verwässerung geschützt – es wird ein Durchschnittspreis beider Finanzierungsrunden gebildet. Im letzteren Fall werden dabei unterschiedliche Volumina der Finanzierungsrunden berücksichtigt. Wie die Gewichtung im Einzelnen erfolgt und ob auch noch ausgegebene Optionsrechte, etwa im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, berücksichtigt werden („Narrow Based Weighted Average“) hängt vom konkreten Fall ab.

Zeitliche Begrenzung der „Full Ratchet“-Methode ist zu empfehlen

Bei Wahl der investorenfreundlichen Full Ratchet Methode sollte man darüber nachdenken – auch um die Motivation der Gründer nicht zu gefährden – die Anwendung zeitlich zu begrenzen, z. B. auf die nächste Finanzierungsrunde. Ebenso kann der Verwässerungsschutz daran geknüpft werden, ob der Investor im Rahmen einer folgenden Finanzierungsrunde von seinem Bezugsrecht Gebrauch macht und weiterhin neues Geld zur zukünftigen Finanzierung bereitstellt („Pay to Play“). Es kann auch daran gedacht werden Bonus-, bzw. Malusregelungen sowie eine daran geknüpfte Nachbewertung der Finanzierungsrunde aufzunehmen. Oder es wird gänzlich eine kleinere Zwischenfinanzierungsrunde durchgeführt als ursprünglich geplant, wodurch die dargestellten negativen Folgen für die Gründer – bis zu einer sich hoffentlich bessernden Marksituation – möglichst geringgehalten werden.

Wandeldarlehen als Alternative

Die Alternative der Wahl zur Finanzierungsrunde um den (Zwischen-) Finanzierungsbedarf zu decken ist nach unserer Marktkenntnis das Wandeldarlehen. Zum einen kann dieses relativ unkompliziert umgesetzt werden und zum anderen wird bei der Anteilsgewährung für den Investor auf die pre‑money Bewertung der Gesellschaft im Wandlungsfall abgestellt. Dies ist meist die – hoffentlich nach der Krise stattfindende – nachfolgende Finanzierungsrunde.

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