2020-2 |

„Social Impact Startups – Chance oder Herausforderung?“

Podiumsdiskussion zur Prämierung der besten Teams aus Phase 2 im Businessplan Wettbewerb Nordbayern 2020.

Bei BayStartUP bemerken wir ein zunehmendes Interesse auch von der Investorenseite für das Thema Social Entrepreneurship, es gibt durchaus erfolgreiche Finanzierungen, und das Thema könnte in der aktuellen Lage sogar noch zu zunehmendem Interesse führen. „Social Impact“ treibt dabei nicht nur Startups und Investoren um, auch die klassische Banking-Szene hat das Thema auf der Agenda. Grund genug, sich einmal mit Vertretern aus diesem Bereich auszutauschen und ihren Projekten eine Bühne zu geben.

Stephanie Kraus-Nijboer, Head of Social Impact Banking Germany, HypoVereinsbank

Hat Social Impact Banking  bei der HypoVereinsbank in Deutschland eingeführt.

Stephanie Kraus-Nijboer, HVB

Markus C. Müller, Geschäftsführung, Nui care


Markus C. Müller lenkte bis vor wenigen Jahren das Europageschäft von Blackberry. Dann arbeitete er als Sterbebegleiter. Jetzt will er Pflegenden mit der App Nui helfen.

Bernard Jan Wendeln, BonVenture

Bernard Jan Wendeln, Chairman bei BonVenture

Leitet mit BonVenture die erste Beteiligungsgesellschaft im deutschsprachigen Raum, die sich auf die gesellschaftliche Wirkung von Unternehmen fokussiert.

Markus C. Müller, Nui care

Claudiu Leverenz, Geschäftsführer, munevo

Hat es sich zum Ziel gemacht, mit Hilfe von neuen Technologien Alltagsassistenten für Rollstuhlfahrer zu entwickeln.

Claudiu Leverenz, munevo

Was bedeutet „Social Impact“ überhaupt – gibt es Erfolgskriterien bei sozialen Investments?

Bernd Wendeln: Impact hat für mich eine Unternehmung, die einen klaren positiven sozialen oder ökologischen Beitrag leistet. Bei Impact Investments gelten dieselben Kriterien wie bei normalen Startups, nur dass die Situation bei Social Startups etwas komplexer ist. Denn hier zählt nicht nur die finanzielle Situation, sondern auch der soziale Erfolg.

Stephanie Kraus-Nijboer: Inhaltlich sehen wir das ähnlich. Mit Social Impact Banking fördern wir Unternehmen und Organisationen, die Lösungen für soziale Herausforderungen realisieren – dabei liegt unser Fokus auf der positiven sozialen Wirkung (dem „social impact“). Bisher haben wir in Deutschland viele Projekte aus dem Bereich Inklusion auf dem Tisch, und auch Kinderbetreuung ist ein großes Thema. In Zeiten von COVID-19 gehen wir davon aus, dass der Unterstützungsbedarf im Healthcare-Sektor zunehmen wird.

Die HypoVereinsbank hat vor gut einem Jahr den Bereich „Social Impact Banking“ gestartet. Was ist das Ziel?

Stephanie Kraus-Nijboer: Social Impact Banking ist ein wichtiger Bestandteil unserer Nachhaltigkeitsstrategie, mit dem wir einen Beitrag zu einer gerechten und integrativen Gesellschaft leisten möchten. Ziel ist es, Unternehmen und Organisationen zu finanzieren und zu fördern, die eine positive soziale Wirkung für benachteiligte und von Ausgrenzung bedrohte Menschen haben. Zudem fördern wir mit bundesweiten Trainingsangeboten die Finanzbildung sozial Benachteiligter, insbesondere junger Erwachsener. Dabei bauen wir auf das ehrenamtliche Engagement unserer Mitarbeiter. 

Konkret unterstützen wir mit Social Impact Banking die sozialen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen: Gesundheit & Wohlergehen, hochwertige Bildung, Geschlechtergleichheit, menschenwürdige Arbeit, weniger Ungleichheiten sowie Partnerschaften zur Erreichung dieser Ziele.

Was unterscheidet ein Darlehen im Rahmen von „Social Impact Banking“ von einem normalen Darlehen?

Stephanie Kraus-Nijboer: Mit „Impact Financing“, sprich wirkungsorientierten Krediten, bieten wir sowohl gewinnorientierten als auch gemeinnützigen Unternehmen günstige Konditionen für Investitionen in Projekte mit messbarer sozialer Wirkung, z.B. in den Bereichen Inklusion von Behinderten, Kinderbetreuung, Bildung und Pflege. Darüber hinaus unterstützen wir diese sozialen Projekte mit unserem Netzwerk und Kommunikationsmaßnahmen, um deren gesellschaftliche Wirkung zu erhöhen.

Wie funktioniert die Darlehensvergabe? Im „nicht-social“ Umfeld muss ein Unternehmen „kapitaldienstfähig“ sein, gilt das hier auch?

Stephanie Kraus-Nijboer: In der Tat fördern wir mit „Impact Financing“ nur kreditfähige Unternehmen und nur bei Investitionen in wirtschaftlich tragfähige Projekte - denn wir sind überzeugt, dass nur diese langfristig erfolgreich sein werden und nachhaltig soziale Wirkung erzielen können. Um die Auswahl der Projekte kümmert sich bei uns ein festes Team. Wir prüfen die Förderwürdigkeit der Projekte anhand klar definierter Kriterien, die einheitlich für die ganzen UniCredit Gruppe  gelten. Dabei ist es sehr wichtig, dass der Kreditnehmer die klare Absicht zur sozialen Wirkungserzielung hat und erzielte Überschüsse wieder in das Projekt fließen lässt. Und es ist wichtig, dass er bereit ist, die soziale Wirkung seines Projektes mittels quantitativer und qualitativer Indikatoren regelmäßig zu messen und an uns zu berichten.

BonVenture ist einer der aktivsten Social Investoren in Deutschland - wie ist die Situation am Markt?

Bernd Wendeln: Die Situation ist sehr gemischt. Viele Investoren sagen, dass sie prinzipiell offen für Investments sind. Die meisten kümmern sich aber doch um ihre eigenes Portfolio, denn viele Unternehmen brauchen jetzt mehr Finanzierung als geplant. Ich selbst bin derzeit auf der Suche nach Investmentmöglichkeiten, auch bei Bonventure wollen wir dieses Jahr noch 2-4 Neuinvestments tätigen. Was die Performance der Unternehmen betrifft – Startups sind digitaler und agiler als ältere Unternehmen, das beschleunigt das Geschäft, auch wenn die Teams teils mit Totalausfällen zu tun haben.

Markus und Claudiu, Ihr seid beide im Healthcare-Bereich unterwegs und adressiert Zielgruppen mit einem besonderen Bedarf. Hat die aktuelle Corona-Thematik einen Einfluss auf euer Geschäft?

Markus: Wir bei Nui care unterstützen Angehörige bei der Pflege zu Hause, das ist emotional und organisatorisch immer schwierig, nicht nur in Corona-Zeiten. Die Pflege an sich können wir den Familien nicht abnehmen. Mit der App Nui wollen wir ihnen stattdessen bei der Organisation ihres Alltags helfen. Sie unterstützt als digitaler Pflegeassistent und Aufgabenmanager für das ganze Umfeld des Betreuten. Viele Ältere Menschen können gerade aktuell nicht mehr raus, das ist ähnlich zu einer Pflegesituation.

Claudiu: Munevo hilft Menschen im Rollstuhl dabei, wieder unabhängig zu sein. Ein großer Teil der Rollstuhlfahrer kann seinen Rollstuhl nicht mehr mit den eigenen Händen bewegen. Für diese Menschen haben wir eine Kopfsteuerung für elektrische Rollstühle entwickelt. Sie basiert auf Smartglasses und verhilft Menschen mit Behinderung zu unabhängiger Mobilität und mehr Selbstbestimmung.

Auf Grund der aktuellen Situation erleben wir zunächst einen Umsatzrückgang. Unsere Partner wie z.B. Sanitätshäuser gehen zwar auch stärker auf digitale Prozesse, aber letztlich gehören viele Rollstuhlfahrer zur Risikogruppe und können daher unsere Produkte nicht testen.

Was müssen Startups aktuell besonders beachten?

Bernd Wendeln: Aktuell rate ich Startups, ihre Fixkosten möglichst gering zu halten. Die Krise kann länger gehen, die Investorensuche dauert.

Stephanie Kraus-Nijboer: Ich kann mich dem nur anschließen. Startups müssen früh die wirtschaftliche Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells im Blick behalten. Gerade Social Entrepreneurs sollten gleichzeitig einen guten Wirkungsbericht darstellen können, um die richtigen Investoren für sich zu finden.

Von |