LipoCheck sichert sich 2,5 Mio. Euro für die digitale Versorgung von Lipödem-Patientinnen

Interview mit CEO und Co-Founderin Helena Rapprich

Die beiden Schwestern Helena Rapprich und Anina Langhans gründeten ihr Startup LipoCheck im Juli 2022, nachdem ihr Vater Dr. Stefan Rapprich, ein Facharzt, ihnen von der enormen Wartezeit für Patientinnen mit Lipödem berichtete und um Hilfe bat. Ihr Unternehmen widmet sich der Unterstützung von Frauen mit Lipödem, einer oft mit Übergewicht verwechselten Erkrankung, die durch unkontrollierte Fettvermehrung, starke Schmerzen und Berührungsempfindlichkeit gekennzeichnet ist. Neben den körperlichen Beschwerden leiden Betroffene auch unter psychischen Belastungen wie Schamgefühlen, während sie oft lange auf eine Diagnose und Behandlung warten müssen. Ihr Ziel ist es, diesen Frauen mit spezialisierten Lösungen und Expertenwissen zu helfen und ihren Leidensweg zu verkürzen.

Welche Lösungen bietet ihr für Lipödem-Patientinnen an, und wie verbessern sie deren Behandlung?

Wir verstehen uns als Gesundheitsplattform, die den einfachen Zugang zu Gesundheitsleistungen ermöglicht. Mittlerweile haben wir drei Produkte auf dem Markt, zwei davon speziell für Lipödem-Patientinnen. Unser erstes Produkt war die LipoCheck-App, die es im Abo-Modell gibt und mit einem Symptom-Tracker sowie einem Tagebuch hilft, erste Hinweise zu sammeln – besonders für Frauen, die den Verdacht auf ein Lipödem haben. Parallel haben wir einen Telemedizinservice entwickelt, bei dem Patientinnen ihre Daten und Fotos in die App hochladen und eine fachkundige Ärztin oder ein Arzt online eine Diagnose oder eine Zweitmeinung geben kann – für einmalig 38 Euro. Zudem haben wir ein Dashboard für Ärzte entwickelt, über das sie die Anfragen effizient verwalten und Befunde mit wenigen Klicks erstellen können.

Wir orientieren uns strikt an medizinischen Leitlinien und arbeiten auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse. So stellen wir sicher, dass unsere Lösungen sowohl für die Patientinnen als auch für Fachkräfte verlässlich und fundiert sind.

Ein überzeugendes Konzept, auf das schnell auch Krankenkassen aufmerksam geworden sind, richtig?

Ja, genau! Wir haben früh gemerkt, dass Krankenkassen eine ganzheitliche Begleitung für Lipödem-Patientinnen fehlt – nicht nur die Diagnose, sondern auch die medizinische Unterstützung danach. Anfang letzten Jahres kamen dann proaktiv die ersten Krankenkassen auf uns zu.

Deshalb haben wir LipoAlly entwickelt – eine Therapiebegleitung nach der Diagnose, die Patientinnen im Selbstmanagement unterstützt. Seit Oktober arbeiten wir mit drei Krankenkassen zusammen und wollen bis Ende des Jahres zehn weitere gewinnen.

Gibt es auf dem Gesundheitsmarkt vergleichbare Angebote für die Versorgung von Lipödem-Patientinnen?

Nein, wir sind die einzigen, die die gesamte Gesundheitsversorgung für Lipödem-Patientinnen digital abbilden – von der ersten Verdachtsäußerung über die Diagnose bis hin zum Selbstmanagement. Es gibt zwar einzelne Ansätze, aber keine Lösung, die diesen gesamten Prozess abdeckt und so eng mit Ärzten und Kliniken zusammenarbeitet.

Ihr habt vor Kurzem eine Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 2,5 Mio. Euro abgeschlossen. Wie seid ihr beim Fundraising vorgegangen und was war euch bei der Auswahl der Investoren wichtig?

Als wir beschlossen haben, eine große Finanzierungsrunde zu machen, habe ich an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen und viele Intros bekommen – sowohl bei Business Angels als auch bei VCs und Family Offices. Einen Teil unserer Investoren haben wir bei einer eurer Veranstaltungen kennengelernt – BayStartUP ist eines der tollsten Netzwerke. Im Coaching bei euch haben wir auch sehr wertvolle Tipps für unseren Pitch und Begleitung im Fundraising-Prozess bekommen.

Wir haben uns für Investoren entschieden, die uns und unsere Vision wirklich verstanden haben und denen wir vertrauen konnten. Besonders spannend war für uns, ein Family Office wie Prange an Bord zu holen, da sie Erfahrung in der Internationalisierung haben, was für unsere nächsten Schritte sehr wertvoll ist. Auch der VC TGFS hat uns überzeugt, weil sie unser Geschäftsmodell schnell verstanden haben und bereits Erfahrungen im Bereich Gesundheitswesen haben. Zusätzlich haben wir Business Angels gewonnen, die uns nicht nur finanziell unterstützen, sondern auch mit ihrem Netzwerk und ihrer Erfahrung einen echten Mehrwert bringen.

Wofür werdet ihr das frische Kapital nutzen?

Das Kapital wird vor allem dafür verwendet, unsere Plattform weiter auszubauen, unseren Telemedizinservice zu erweitern und die Internationalisierung voranzutreiben. Ein besonders spannender Markt für uns sind die USA, da dort auch 10 % der Frauen betroffen sind und die Versorgungswege unstrukturierter sind, was uns viele Möglichkeiten gibt, mehr Ordnung und Unterstützung zu bringen. Zudem bietet die dortige Regulatorik mehr Freiraum für Innovationen, wie den Einsatz von KI, was uns erlaubt, schneller neue Lösungen zu testen und umzusetzen.

Hast du zum Schluss einen Tipp für andere Gründer*innen, die gerade ganz am Anfang stehen?

Mein größter Tipp ist definitiv „Networking, Networking, Networking“. Ich weiß, das klingt manchmal etwas abgedroschen, aber es hat mir wirklich geholfen. Sei präsent, sei offen, stell Fragen, hör zu und lies zwischen den Zeilen. Ob bei Kunden, Investoren oder bei anderen Gründern – zeig Interesse und sei immer ansprechbar. Auch wenn man sich als First-Time-Founder unsicher fühlt, ist es wichtig, sich auf Veranstaltungen und in Netzwerken einzubringen. So kannst du viel lernen und Beziehungen aufbauen.

Fotos: LipoCheck

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