Die Vermessung des Waldes: OCELL revolutioniert die Waldinventuranalyse

KI-basierte Technologie digitalisiert Vermessungs- und Analysemethoden für die Wald- und Forstwirtschaft.

Die Klimakrise bringt enorme Herausforderungen in Wald und Forst mit sich. Um den Wetterextremen zu trotzen, müssen Wälder neu und klimaresistent umgebaut werden. Der personelle Nachwuchs dafür ist jedoch rar und betreut immer größere Flächen. Damit Waldmanager zukünftig informierter und auf Basis von neuesten Daten optimale Entscheidungen für Wald- und Forstpflege treffen können, arbeitet das Startup OCELL seit 2018 an einer neuen Technologie: Sie ermöglicht eine schnelle und wirtschaftliche Waldinventuranalyse. Was vorher Jahre dauerte, geht nun in Tagen.  

Mit einem Betriebssystem für die digitale Forstwirtschaft hilft OCELL Waldmanagern, effizienter und nachhaltiger zu wirtschaften. Hierfür hat das Startup rund um die Gründer Christian Decher, David Dohmen und Felix Horvat die „Dynamic Forest”-App entwickelt. Sie liefert Waldmanagern durch eine optimale Datengrundlage die Möglichkeit, wissenschaftlich fundierte Management-Entscheidungen zu treffen und reibungslosere Abläufe in der Forstwirtschaft umzusetzen.

Ultraleichtflugzeuge nehmen Bilddaten auf 

„Wir beauftragen Piloten, die Zielgebiete mit Ultraleichtflugzeugen flexibel zu überfliegen und die notwendigen Daten für uns zu erheben“, erklärt David Dohmen. Dafür stattet das Startup die Piloten mit eigens entwickelten autarken Sensor- und Kameramodulen sowie einer eigenen Flugnavigations-App aus, die sie zum Zielgebiet lotst und dort auf die perfekten Flugbahnen dirigiert. Die Qualität dieser Bilddaten ist wesentlich höher als die von Satellitenbildern und lässt sich im Gegensatz zu einem Einsatz von Drohnen auch auf wirklich große Flächen skalieren. „Darüber hinaus ziehen wir viele weitere Datenquellen, wie z.B. von Harvester-Maschinen, hinzu, stellen staatliche Geodaten sowie wissenschaftliche Daten für unsere Kunden zusammen und digitalisieren deren analoge oder teildigitalisierte Datensätze“, so Dohmen.

Aus all den Daten leitet OCELL dann Interpretationen für Wald- und Forstmanager ab. Die KI-Technologie des Unternehmens kann den Wald z.B. als 3D-Modell vermessen, erkennen und klassifizieren. Jeder einzelne Baum kann inklusive seiner Höhe und seines Gesundheitszustands bestimmt werden. Die Auswertung geht bis hin zu statistischen Aussagen über Holzvolumina, gebundenes CO2 oder erwartbare Zuwächse.

Top-Startups und spannende Technologien

Dies ist ein Beitrag aus dem BayStartUP Magazin "StartUPdate" 2021/03. Hier können Sie mehr aus Bayerns Startup-Szene und unserem Netzwerk erfahren.

StartUPdate 03/2021

David Dohmen, Co-Founder von OCELL

All dies passiert dank Künstlicher Intelligenz vollautomatisiert und reduziert die Wartezeiten im Vergleich zu herkömmlichen Waldinventuren von Jahren bzw. Monaten auf Tage.

Alle Stakeholder eines Waldes – vom Forstmanager über die Förster und Waldarbeiter bis zum externen Dienstleister – können per App auf diese Daten zugreifen. „Man kann sich unsere App wie eine Mischung aus Google Maps und Trello für den Wald vorstellen“, beschreibt Dohmen. Dies sei die Grundlage dafür, die Waldarbeit effizienter zu gestalten und Prozesse zu optimieren. Komplexe Forstmaßnahmen mit verschiedenen Zuständigen können einfach angelegt, durchgeführt und im Status verfolgt werden. So könne eine bisher nicht dagewesene Übersichtlichkeit entstehen, mehr Effizienz sowie eine wesentlich reibungslosere Kommunikation und ein schnellerer und akkuraterer Informationsfluss.

Technologischer Durchbruch für die Forstwirtschaft   

„Die Technologie von OCELL ist ein großer Durchbruch in der Forstwirtschaft. Bisherige Vermessungs- und Analysemethoden für den Wald scheinen aus einem anderen Jahrhundert zu stammen, wenn man erst einmal mit OCELL arbeitet. Wir können bestätigen, dass die Technologie funktioniert und sie das nächste große Ding in der Forstwirtschaft sein wird“, sagt Armin Elbs, Leiter der Forstwirtschaft bei Graf Toerring-Jettenbach, einem der größten Privatwaldbesitzer Bayerns.  

OCELL ist davon überzeugt, dass sich die Forstwirtschaft ihren Herausforderungen von Klimawandel bis Personalproblemen nur erfolgreich stellen kann, wenn sie moderner und effizienter agieren kann. „Dazu sind aktuelle und verlässliche Daten sowie eine gute Software notwendig“, sagt Dohmen.   

Tina Dreimann, Gründerin better ventures

Mit OCELL können sich Forstbetriebe stärker auf ihre eigentlichen Kern­kompetenzen fokussieren, um den Wald als kulturelles, ökologisches und ökonomisches Gut für die Menschheit zu erhalten. 

Seed-Investment auch aus dem BayStartUP Investorennetzwerk  

In diese Technologie investierten jetzt auch Investoren aus dem BayStartUP Investorennetzwerk eine hohe 6-stellige Summe, darunter Christoph Behn mit better ventures und der Serial Entrepeneur Julius Göllner. Weitere Kapi­talgeber sind Andreas Kupke (Finanzcheck), der erfahrene Investor Wolfgang Seibold sowie die Gründer von Foodora und Kaia Health, Manuel Thurner und Konstantin Mehl sowie die Intiatitive für Industrial Innovators. Das frische Kapital soll in die Produkt- und Qualitätsverbesserung, den Ausbau der Kommunikations-, Marketing- und Sales-Abteilung von OCELL fließen. Tina Dreimann, Gründerin von better ventures, hat die Geschäftsidee von OCELL überzeugt: „OCELL hat uns innerhalb kürzester Zeit mit einem sehr starken Team, einem kundenorientierten Produkt und einem nachhaltigen Geschäftsmodell beeindruckt. Wir sind überzeugt davon, dass das Team mit seiner KI-basierten Lösung unsere Umwelt nachhaltig verbessern wird. Wir freuen uns, dass BayStartUP uns das Team vorgestellt hat und wir dadurch zusammenfinden konnten.”

Große Pläne – und enormes Potenzial 

Rechnet man alle wirtschaftlichen, ökologischen und klimawirksamen Faktoren zusammen, beläuft sich der Wert des Waldes auf rund 150 Billionen USD (BCG, „The Staggering Value of Forests – and How to Save Them“, 2020). Das bringt ein riesiges Potenzial ihrer Lösung mit sich. Davon sind auch die Investoren von better ventures überzeugt: „Als Betriebssystem für nachhaltige und datengetriebene Forstwirtschaft sehen wir OCELL als wichtigsten Ausgangspunkt für viele weitere interessante Anwendungsfälle“, sagt Tina Dreimann.  

So könnten dank OCELL bereits heute Förderanträge leichter gestellt und steuerliche Abrechnungen im Forst vereinfacht werden. Die Daten von OCELL enthalten zudem exakte Informationen über gespeichertes CO2 und erwartbare Zuwächse. Das Unternehmen arbeitet daher schon jetzt mit Zertifizierern zusammen, um in der Zukunft auch CO2-Zertifikate über seine Plattform anbieten zu können. Davon sollen dann Kunden und Wälder weiter profitieren. Waldwachstumssimulationen können zukünftig sogar optimierte Maßnahmen-, Ernte- und Anpflanzungs-Empfehlungen ermöglichen, wodurch sich Wälder noch besser entwickeln können, um einerseits mehr Wachstum zu erzeugen und gleichzeitig mehr CO2 in Holz zu binden. 

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