Konfliktmanagement im Startup – wie umgehen mit internen und externen Konflikten?

Gründer eines Startups stehen vor vielen Herausforderungen, die weit über die Verwirklichung der eigentlichen Unternehmensidee hinausgehen. Eine davon? Die Bewältigung von internen und externen Konfliktsituationen. Wie kann das gelingen – sind rechtliche Mittel die Lösung?

Schon der Aufbau des Teams ist eine Herausforderung. Wer erhält welche Beteiligung, Vergütung oder auch Rolle im künftigen Unternehmen? Wird es konkret, zeigt sich sehr oft, dass die Vorstellungen der Gründer an ihre Firma und die Rollen darin nicht so konkret sind, wie nötig – und sich mit Co-Gründern und potenziellen Team-Mitgliedern nicht unbedingt decken.

Drohende Konflikte schlummern auch im Verhältnis zu Investoren, nicht nur bei der Verhandlung der Finanzierungskonditionen beim Erstinvestment. Auch wenn der Prozess der Verhandlung der Finanzierungsdokumente hoffentlich halbwegs unbeschadet überstanden ist, droht neues Ungemach, wenn Meilensteine und Zielvorgaben nicht erreicht werden (was gerade in der Anfangsphase häufig passiert), Folgefinanzierungsbedarf besteht oder strategische Entscheidungen anstehen. Streit kann es hier nicht nur zwischen Gründern und Investoren geben, sondern auch zwischen den Investoren selbst, insbesondere zwischen Business Angels der Frühphase und späteren institutionellen Investoren.

Und selbstverständlich bleiben einem Startup die üblichen Diskussionen mit Lieferanten, Kunden oder Dienstleistern nicht erspart, die jedes Unternehmen hat, die zu einem Rechtsstreit ausarten können.

Dabei ist die Situation für Startups bei solchen Konflikten besonders gefährlich: Dank weniger Ressourcen kann ein elementarer Streit für Startups sehr schnell existenzgefährdend sein. Traurige Fälle aus der täglichen Praxis sind Streitigkeiten im Gründerteam, Konflikte zwischen Gründern und Investoren oder auch Investoren untereinander, die oft zu Krisen bis hin zur Insolvenz führen.

Was können Gründer tun?

Wichtig ist zunächst das Bewusstsein, dass der Erfolg des Startups auch von der Fähigkeit des Teams abhängt, mit internen wie externen Konflikten angemessen umzugehen. Es muss nicht gleich eine Mediatorenausbildung für alle Gründer sein. Es gibt aber diverse Coaching- und Unterstützungsangebote. Sie sind besonders für die Gründer zu empfehlen, die intern Führungsaufgaben übernehmen und das Startup nach außen gegenüber Investoren und sonstigen Vertragspartnern repräsentieren.

Konflikte in Teams durch frühe Mediation lösen

Droht Streit innerhalb des Teams, hat es sich bewährt, neutrale Dritte als echte oder informelle Mediatoren möglichst frühzeitig einzuschalten, bevor es eskaliert. Es muss dabei nicht immer der ausgebildete Mediator sein; es kann auch der befreundete Gründer aus einem anderen Team sein, der Coach am Gründerzentrum, der Professor am Lehrstuhl oder auch ein Anwalt mit entsprechender Erfahrung als Mittelsperson. Wichtig ist, dass dieser Person von allen Seiten das nötige Vertrauen entgegengebracht wird. Eine Eskalationsspirale mit bösen oder unpassenden Worten, die den Weg aus der Krise erschweren, wird so meistens vermieden und der Konflikt versachlicht. Daher sollten Startups mit dem Einschalten eines Mediators nicht warten, bis sich die Parteien nichts mehr zu sagen haben. Hier gilt: je früher desto besser.

Kommunikation mit Investoren vermeidet Ärger

Sieht man sich die vielfältig auftretenden Konflikte im Zusammenhang mit Investoren an, liegt das Problem meist weniger darin, dass Dinge nicht laufen wie erhofft oder geplant. Das ist Alltagsgeschäft im Venture-Bereich. Ärger erzeugt bei Investoren vielmehr, dass nur scheibchenweise oder zu spät von den Gründern informiert wird, wenn Schwierigkeiten auftreten. Das erfolgt meist aus der Hoffnung der Gründer, das Problem in den Griff kriegen zu können, um sich die unangenehme Kommunikation zu sparen. Wer verkündet schon gerne schlechte Nachrichten. Das ist jedoch ein Fehler: Durch das Abwarten verkleinert sich fast immer der Lösungsraum, können Investoren können nicht mehr helfend eingreifen und oftmals nur noch den Schaden zur Kenntnis nehmen. Der Vorwurf an das Team lautet dann: Wieso erfahre ich das erst jetzt? Das kostet Vertrauen sowohl in das Startup aber insbesondere auch das Führungsteam, was die künftige Zusammenarbeit belastet. Die Investoren reagieren darauf zum eigenen Schutz häufig mit (noch) engeren Kontrollen, Misstrauen und Bürokratie. Im Worst Case erfolgt die Trennung von einzelnen Gründern und der Austausch des Management Teams.

Ist die beste Konfliktvermeidung ein guter Vertrag?

Ja und nein. Ein guter schriftlicher Vertrag dokumentiert, was die Parteien gewollt haben, gerade was die wechselseitigen Hauptleistungspflichten angeht. Er hilft auch dabei, vor Vertragsschluss, quasi als Arbeitsliste, Themen zu besprechen und sicherzustellen, dass an möglichst alles gedacht wird. Gute Verträge sind daher ein unerlässliches Fundament, gerade wenn es um längerfristige Zusammenarbeit und Leistungsaustausch geht.

Ein Vertrag ist aber nie absolut wasserdicht, weil nach dem Gesetz nicht allein der schriftliche Text entscheidend ist, sondern der tatsächliche Wille der Parteien bei Vertragsschluss. Dieser kann vom Geschriebenen abweichen. Den absolut bindenden schriftlichen Vertrag kann es daher nicht geben. Ob es auf der Grundlage eines Vertrages zu späterem Streit kommt, hängt somit sehr stark vom Vertragspartner ab sowie dem Umgang der Parteien miteinander.

Die meisten Rechtsbeziehungen laufen zudem gar nicht über komplexe schriftliche Verträge, sondern über einfachen Leistungsaustausch und mündliche Absprachen. Gerade Startups gehen mangels Zeit und Budget nicht für jeden Vertrag zum Anwalt. Unser Zivilrecht sorgt zum Glück aber dafür, dass auch dann ein vertragliches Regelwerk im Hintergrund automatisch gilt.

Sind schriftliche Verträge also überflüssig?

Die Frage, ob sich ein schriftlicher Vertrag lohnt, hängt neben der Komplexität und Wichtigkeit des Vertragsgegenstandes und von den Geschäftspartnern ab. Bei existenziellen Themen, bei denen es um den Kern des Startups geht, wie z.B. Forschungs- und Entwicklungskooperation, sehr langen Laufzeiten und Verträgen mit hohen Volumen oder erhöhtem Risiko sollte man den Aufwand schriftlicher Verträge nicht scheuen. Aber selbst bei schriftlichem Vertrag gilt immer noch: Ohne Vertrauen und konstruktive, wertschätzende wechselseitige Zusammenarbeit geht es nicht, nicht nur bei längerfristigen Geschäftsbeziehungen, sondern generell; man sieht sich fast immer zweimal im (Wirtschafts-) Leben. Eine gute Vertragsbeziehung zeichnet sich dadurch aus, dass nicht ständig der schriftliche Vertrag aus der Schublade geholt wird, sondern die Parteien in der jeweiligen Situation immer wieder versuchen, für beide Seiten tragbare und faire Lösungen zu finden, auch oftmals in Abweichung von der ursprünglichen Vorstellung oder vertraglichen Vereinbarung. Wer immer auf seinem formalen Recht besteht, wird auf Dauer ziemlich sicher Probleme bekommen.

Und wie hilft mir ein Anwalt bei Konflikten?

Anwälte können gerade im Vorfeld zur Konfliktvermeidung hilfreich sein. Sie können Gründern für Risiken sensibilisieren und als neutrale Dritte einen entscheidenden Beitrag für eine konfliktfreie Kommunikation leisten.

Wer von seinem Anwalt jedoch nur wissen will, wie eine bestimmte Klausel im Vertrag eigentlich zu verstehen oder wie die Rechtslage ist, ruft leider meist zu spät an. Die pragmatische Verständigung auf Arbeitsebene der Vertragsparteien ist dann meist schon gescheitert und der Konflikt eskaliert. Es bleibt oftmals nur, den Rechtsstreit bis zum Gerichtsverfahren fortzuführen. Für den Anwalt gar kein schlechtes Geschäft, für die Unternehmen meist ein Verlust. Denn Rechtsstreite kosten Geld und Nerven, belasten die handelnden Personen und halten sie von ihren eigentlichen Aufgaben ab, beschädigen Geschäftsbeziehungen und verursachen Reputationsschäden.

Offene Konflikte durch (außer-)gerichtliche Mediation beilegen

Und was tun, wenn sich trotz aller Bemühungen der Konflikt dennoch verschärft hat? Auch wenn der Streit schon bis fast vors Gericht eskaliert ist, gibt es noch Wege, zu deeskalieren. Sowohl bei Gerichten aber auch außergerichtlich existiert die Möglichkeit der Mediation. Dafür müssen sich die Streitparteien nur auf dieses Verfahren und einen unparteiischen Mediator verständigen, der versuchen wird, gemeinsam eine mögliche Lösung des Konfliktes zu erarbeiten. Auch wenn das Mediationsverfahren rein freiwillig und unverbindlich ist und keine Partei zum Kompromiss gezwungen werden kann, ist es doch erstaunlich, wie hoch die Erfolgsquote bei Mediationen ist.

Denn: Konflikte und Krisen gehören zum Unternehmertum dazu. Erfolgreiche Unternehmer und Gründer zeichnen sich dadurch aus, dass sie damit angemessen umgehen.

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