Beteiligungsmanagement

Von der Notwendigkeit, den Cap Table zu bereinigen. Expertenbeitrag von Martin Sundermann, Osborne Clarke

Der Erfolg von Startups hängt nicht nur maßgeblich an der Geschäftsidee und deren Umsetzung. Meist genauso entscheidend ist, wen ich wann und wofür und vor allem wie an meinem Unternehmen beteilige. Denn Beteiligung ist nicht nur eine Frage des Geldes; es geht insbesondere auch um Mitbestimmung und damit um das Fundament, auf dem die Gesellschaft aufgebaut ist.

Wie also soll man als Gründer mit dem Thema „Beteiligung“ umgehen?

Einfach die Beteiligung für sich behalten und keine Beteiligung abgeben – das mag für viele deutsche Gründer ein Traum sein und entspricht dem Leitbild vieler deutscher Vorzeigeunternehmer wie den Aldis, Müllers, Würths und Co. Es wäre rechtlich auch die einfachste Lösung. Was beim deutschen Mittelstand die Regel ist, ist für viele Gründer heute allerdings keine echte Option. Geld und Ressourcen sind knapp oder gar nicht vorhanden, Fremdkapital trotz des billigen Geldes für Jungunternehmer nicht verfügbar.

Wie also soll man dann starten, wenn man gerade als besonders ambitioniertes Startup Risikokapital und besonders qualifizierte Mitstreiter braucht? In diesen Fällen ist die Beteiligung oftmals die einzig verfügbare Währung, mit der diese Unterstützung von Risikokapitalgebern und Mitarbeitern eingeworben werden kann.

Beteiligung als (virtuelle) Währung?

Es klingt auf den ersten Blick auch mehr als verlockend, mit Beteiligung zu bezahlen. Gefühlt kostet es erst einmal nichts, wenn man ein paar Prozentpunkte abgibt. Als Gründer merkt man im Portemonnaie nichts, macht keine Schulden und ein Exit und dessen Erlöse, von denen man etwas abgeben muss, sind noch sehr abstrakt und in weiter Ferne. Wenn dann auch noch virtuelle Geschäftsanteile ausgegeben werden (VSOP), wie in Deutschland aufgrund der miserablen Besteuerungssituation üblich, reden einem die so Beteiligten nicht einmal rein.

Auch die Zustimmung vieler in der Startup-Szene wird einem gewiss sein, wenn man mit Beteiligung „bezahlt“, weil es dort zum guten Ton gehört, möglichst viel Risikokapital gegen Beteiligung aufzunehmen und ein Beteiligungsprogramm von 10–20% für Mitarbeiter und Berater/Beiräte zu haben. Ist also doch alles gut und kein Problem, mit Beteiligung zu handeln? Leider nein.

Dos und Don’ts im Beteiligungsmanagement

Fehler bei der Vergabe von Beteiligung können für den Gründer und das Startup existentiell sein. Sehr oft bereuen Gründer die Beteiligung von Mitarbeitern und Beratern – oder auch ihre Entscheidung für bestimmte Investoren, wenn es später in der Zusammenarbeit leider nicht so klappt, wie ursprünglich erwartet.

Woran liegt das?

Gerade im Venture-Capital-Modell besteht eine besondere Abhängigkeit der Gesellschaft von sämtlichen Gesellschaftern, nicht nur für die mit großen Beteiligungen. Obwohl das Gesellschaftsrecht aus sehr guten Gründen im Gesetz das Mehrheitsprinzip verankert hat, um Gesellschaften funktionsfähig zu halten, wird dieses Prinzip im Venture-Capital-Modell in weiten Teilen außer Kraft gesetzt.

Martin Sundermann, Osborne Clarke:

Das bedeutet: Schon bei kleineren Investments weit unter den gesetzlichen Schwellen von 50 % oder zumindest 25 % erwarten die Risikoinvestoren zumeist eine Vielzahl von Zustimmungsrechten bei fast allen relevanten auch operativen Entscheidungen. Sind sich Gründer und Investoren uneinig, können diese Maßnahmen nicht durchgeführt werden und zwar auch dann, wenn Handlungsdruck besteht.

Osborne Clarke

Das Venture-Capital-Team von Osborne Clarke berät Startups wie Investoren in allen Phasen von der Unternehmensgründung bis zum Ausstieg. 

www.osborneclarke.de

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Martin Sundermann

Das gilt insbesondere für weitere Finanzierungsrunden. Machen nicht alle Altgesellschafter bei der Finanzierungsrunde mit und lassen sich die üblichen Sonderrechte weiterer Investoren (Verwässerungsschutz, Mitbestimmungsrechte, Liquidationspräferenzen) nicht rechtswirksam vereinbaren, droht die Finanzierung zu scheitern.

Die notwendige Cap-Table-Bereinigung

Angesichts dieser bekannten Problematik erwarten mittlerweile viele VC-Investoren einen entsprechenden schlanken Cap Table, um neben dem unternehmerischen Risiko nicht auch noch ein solches aus der Beteiligungsstruktur tragen zu müssen. Es wird zur Vorbedingung weiterer Finanzierung gemacht, dass insbesondere Kleinstgesellschafter und ehemalige Mitarbeiter entweder vorab als Gesellschafter eliminiert oder zumindest so gepoolt werden, dass sie keinerlei Mitwirkungsrechte mehr haben. Diese sogenannte Cap-Table-Bereinigung stellt die Gründer vor immense Probleme, denn sie gelingt nur, wenn die vom Rechtsverlust Betroffenen „freiwillig“ mitmachen. Dass die Betroffenen dazu wenig Veranlassung sehen, überrascht nicht. Entsprechend schwierig gestalten sich solche Prozesse.

Wie löst man nun den Konflikt, dass man zwar Beteiligung faktisch abgeben muss, um starten zu können, gleichzeitig aber vermeiden sollte, in die obigen Probleme zu laufen? Eine pauschale Antwort gibt es nicht, es kommt auf die Situation an. In jedem Fall aber zweimal nachdenken, bevor man Beteiligung anbietet.

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