Langsam schwebt die Karosserie voran. 3,5 Tonnen schwer, hängt sie von der Decke einer großen Halle – gehalten von großen Stahlarmen, die sich vorsichtig um sie schließen. Sie gleitet entlang der Schienen, die sich wie ein Netzwerk durch die gesamte Halle ziehen.
Ein fahrerloses Transportsystem kommt näher, bis es sich parallel zur Karosserie bewegt. Die weiße, flache Box folgt den Bewegungen der Maschine über ihm. Wie von selbst bewegt er sich über den Hallenboden. Auf ihm: ein neues Bauteil für den nächsten Fertigungsschritt.
Lösungen für die Automobilindustrie
Nein, hier in Nürnberg hat keine neue Automobilproduktion eröffnet. Stattdessen befindet sich Anlage und das fahrerlose Transportsystem im Automotive Showroom und Test-Center von Siemens. Hier werden neue Fertigungsabläufe speziell für die Automobilindustrie getestet und vorgestellt, wie zum Beispiel fahrerlose Transportsysteme oder Zukunftstechnologien wie Cloud und Edge Computing oder industrielles 5G. 2014 wurde das Test-Center eröffnet und zeigt seitdem, wie Siemens-Produkte für die Automobilproduktion funktionieren.
Ausgestellt wird ein Kreislauf einer Schwerlast-EHB (Elektrohängebahn) mit Fahrwagen für den Karossentransport (Karossen bis zu 3,5 Tonnen und bis zu 4 Achsen für Heben, Schwenken und Drehen). Außerdem können Besucher einen weiteren Kreislauf einer Leicht-EHB (Transportsystem für Mittelschweres Transportgut wie Türen, Cockpit, Motoren/Getriebe und Logistik bis zu 1,5 Tonnen Nutzlast und 1-2 Achsen für Hub und Drehen) sehen, mit Fahrwagen für den Transport von beispielsweise Türen oder Cockpits.
2017 kamen Fahrerlose Transportsysteme (FTS) dazu. Neben den Transportsystemen werden hier auch die dazugehörige Systemplattform Simove inklusive Software getestet und weiterentwickelt: So bietet Simove Anwendern besondere Applikationen für die Instandhaltung sowie eine Flottenmanagementsoftware, in die FTS unterschiedlicher Hersteller integriert werden können. Auch Maschinenbauer können über die Softwarebibliothek auf vorkonfigurierte und getestete Funktionsbausteine zugreifen.
Unter realen Bedingungen testen
Eine Voraussetzung für die Fertigung der Zukunft: ein leistungsstarke Kommunikationsnetzwerk. Industrielles 5G sorgt im Showroom in Nürnberg für hohe Datenraten, zuverlässige Datenübertragung und besonders kurze Latenzzeiten. So können Produktion, Instandhaltung und Logistik drahtlos miteinander verknüpft werden. Dafür wurde extra ein eigenständiges, privates 5G-Netz eingerichtet – so, wie es zukünftig in vielen Produktionen eingesetzt werden soll: reale industrielle Testbedingungen, sozusagen. Das eigenständige 5G-Netz ist eine Kooperation von Siemens mit Qualcomm Technologies Inc.
Der Showroom in Nürnberg dient so als reales Beispiel für neue Fabriken und Produktionslinien, von denen heute viele zunächst online geplant werden. Was entsteht, ist ein digitales Abbild der Produktionslinien, den so genannten digitalen Zwilling. Mit diesen digitalen Zwillingen kann die Produktion optimiert werden, noch bevor das erste Bauteil von der Decke schwebt. Auch die dafür notwendigen Softwaretools stehen im Testcenter zur Verfügung und werden für Kundenpräsentationen und Lösungsdiskussionen genutzt.
Industrial 5G
Im Automotive Showroom und Testcenter von Siemens in Nürnberg wurde ein Proof-of-Concept für Industrial 5G aufgesetzt.